Liebe Leser:innen,
75 Jahre wurde vor kurzem unser Grundgesetz, die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Mich fasziniert, dass diese im Jahr 1949, als unsere Welt eine ganz andere war als heute, getroffenen Regelungen nach wie vor in der Lage sind, die elementaren Beziehungen der Menschen untereinander und zum Staat zu gestalten. Besonders relevant für jemanden, der sich mit dem Mietrecht beschäftigt, ist natürlich Artikel 14, der einerseits Eigentum und Erbrecht gewährleistet, andererseits den Gebrauch des Eigentums dem Wohle der Allgemeinheit verpflichtet. Konkret sind damit alle, die Wohnraum vermieten, verpflichtet, diesen in gutem Zustand zu erhalten. Es scheint selbstverständlich, dass man mit dem, was einem gehört, sorgfältig umgeht. Also erwartet auch der Staat, dass vermietende Gebäudeeigentümer diese instand halten und Schäden beseitigen. Leider ist das aber keine Selbstverständlichkeit mehr, wie sich immer öfter zeigt. So beklagen aktuell Mieter:innen eines großen Gebäudes im Bekkamp in Jenfeld, dass seit Monaten keine Instandsetzung mehr erfolgt und sogar Heizung und Warmwasser ausgefallen sind. In Dannenberg drohte sogar die Räumung eines ganzen Gebäudekomplexes, weil die Elektroleitungen so marode waren, dass die Stromgesellschaft diese stillgelegt hat. Das Haus Grindelallee 80 steht seit 2019 leer aufgrund gravierender Mängel. Das Tauziehen um die Eigentümerschaft wurde jetzt zwar durch eine Zwangsversteigerung beendet. Es werden aber noch Jahre vergehen, bis dort wieder regulär gewohnt werden kann und die Mietpreise werden nicht günstig sein.
Hinter diesen tragischen Fällen der Verwahrlosung und Vernachlässigung stehen Eigentümerstrukturen, die es gerade nicht auf die Bestandhaltung abgesehen haben, sondern auf möglichst hohe Renditen. Diese werden erzielt auch durch Einsparungen bei Instandhaltung und Instandsetzung. Gegen diese systematischen Strukturen können sich Mieter:innen nur sehr schwierig zur Wehr setzen. Diese Form der Vernachlässigung ist ein Fall für die Ordnungsbehörden. Diese sind aber aufgrund der oben erwähnten Erwartung an das logische Verhalten von Eigentümern rechtlich nicht hinreichend ausgestattet, um effektiv in solchen Fällen vorzugehen. Es klafft eine gravierende Regelungslücke im Wohnraumschutz. Das muss sich dringend ändern!
Auch muss sich die Attitüde mancher Akteure des Wohnungsmarktes gegenüber Mieter:innen ändern. Wenn ein großes Wohnungsunternehmen wie Heimstaden, mit dessen Renditen schwedische Renten bezahlt werden, zur Durchsetzung von Forderungen ein Inkassounternehmen beauftragt, spricht dies Bände über die Haltung gegenüber seiner Mieterschaft. Klar, wer Miete schuldet, muss diese auch zahlen. Aber was ist, wenn die Miete wegen Mängeln gemindert ist oder Streit über eine Nebenkostenabrechnung besteht? Dann umgeht der Wohnungskonzern durch das Inkasso die inhaltliche Klärung. Weil das nicht sein darf, hat der Mieterverein zu Hamburg gemeinsam mit anderen Mietervereinen und Initiativen aus Hamburg und Berlin Heimstaden aufgefordert, diese Inkassopraxis sofort zu beenden.
Sie sehen, es gibt Fälle, in denen es schwer ist, Rechte geltend zu machen und durchzusetzen. Doch davon darf sich niemand abschrecken lassen, sondern sollte rechtlich gut beraten hartnäckig dranbleiben. Dafür wünsche ich allen Betroffenen die Kraft!
Lassen Sie sich nun wie immer mit diesem Newsletter über unsere Tätigkeit und die Entwicklung in Rechtsprechung und Wohnungspolitik informieren. Verschaffen Sie sich mit unserer Rubrik zur Pressearbeit einen Überblick über unser Wirken. Seien Sie eingeladen, uns und unsere Pressearbeit zu unterstützen, Feedback zu geben und natürlich auch unsere Hilfe in Anspruch zu nehmen, denn: UNSER RAT ZÄHLT!
Dr. Rolf Bosse Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg
P.S. Besuchen Sie uns auf facebook! Auf unserer facebook-Seite versorgen wir Sie täglich mit aktuellen Informationen rund ums Mieten und Wohnen. |
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Aktuelles: Mieterjournal auf Achse durch Hamburg
Wie grün unsere Stadt ist, sieht man besonders gut, wenn man Luftaufnahmen betrachtet. Das grüne Netz aus Wäldern, Parks, Kulturlandschaften und Naturschutzgebieten spannt sich über das gesamte Stadtgebiet. Wir haben uns die beiden grünen Ringe und zwölf Landschaftsachsen Hamburgs genauer angeschaut und schreiben darüber in der Titelgeschichte der Sommerausgabe des MieterJournals. Mit dem Biologen Dr. Christian Gerbich sprachen wir zudem über das Grünflächenmanagement und das ambitionierte Ziel, das grüne Netz zu erhalten.
Außerdem berichten wir auf Seite 25 über Hamburgs Einführung des sogenannten 3. Förderwegs, über den die Mittelschicht mit Sozialwohnungen versorgt werden soll. Mithilfe des neuen Förderwegs erhalten nun auch Normalverdiener mit einem Jahreseinbruttokommen von bis zu 42.200 Euro Anspruch auf geförderten Wohnraum – mit Anfangsmieten, die 12,10 Euro pro Quadratmeter nicht übersteigen dürfen. So will die Stadt die grassierende Wohnungsnot, die längst in der Mittelschicht angekommen ist, bekämpfen.
Stellen Sie sich vor, Sie kommen aus dem Urlaub zurück und Ihr Wohnungsschlüssel passt nicht mehr ins Schloss. Schlimmer noch: Alle Ihre Möbel und Habseligkeiten sind aus der Wohnung verschwunden. Genau diese unglaubliche Erfahrung hat eine Mieterin an der Bellevue gemacht. Warum ihr Vermieter nach einem jahrelangen Rechtsstreit nun mit einer glimpflichen Strafe davongekommen ist, lesen Sie auf Seite 11. Beschaulicher geht es in Niendorf zu, dem Stadtteil, den wir in unserem aktuellen Rundgang auf den Seiten 12 und 13 erkunden. Hier im Nordwesten Hamburgs treffen Eigenheime und Plattenbauten auf wunderschöne Natur. Manfred Meyer vom Forum Kollau kennt den Stadtteil sehr gut und zeigte uns spannende und unerwartete Ecken.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre. Sollten Sie Fragen oder kritische Anmerkungen haben, schreiben Sie uns an: info@mieterverein-hamburg.de, Betreff: Mieterjournal. Über Lob freuen wir uns natürlich auch. Hier geht es zum aktuellen MieterJournal. |
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BGH-Urteil: Beweislast für Renovierungszustand zu Mietbeginn Beschluss vom 30. Januar 2024 – VIII ZB 43/23
Die Mieterin hielt die Klausel im Formularmietvertrag bezüglich der Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen für unwirksam und verlangte von der Vermieterin die Renovierung der Wohnung, da ihr die Wohnung zu Mietbeginn unrenoviert übergeben und kein angemessener Ausgleich hierfür in Geld erbracht worden sei. Nach der Rechtsprechung bestünde für sie daher keine Pflicht zur Renovierung. Nachdem die Vermieterin die Durchführung der Renovierung verweigerte, erhob die Mieterin Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Durchführung der Renovierung. Vor dem Amtsgericht erfolgte zwischen den Parteien ein Vergleich, sodass nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden gewesen ist. Hierbei entschied das Amtsgericht zugunsten der Mieterin, während das Landgericht die Kosten der Mieterin auferlegte.
Der Bundesgerichtshof entschied ebenso zugunsten der Vermieterin. Die Beweislast für den Einwand der Übernahme einer nicht renovierten Wohnung zu Mietbeginn trage die Mieterin. Ihre Ansicht, dass Reparaturen grundsätzlich vermieterseits zu veranlassen seien und die Beweislast daher auf der Vermieterseite läge, treffe nicht zu. Die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf die Mieterseite sei bereits seit Jahrzehnten anerkannt, sodass es nach allgemeinen Regelungen Aufgabe der Mieterin gewesen sei, die für sie günstigen Umstände nachzuweisen. Da ihr dies im Verfahren nicht gelungen sei, wäre sie ohne den Vergleich unterlegen und hätte daher auch die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Kommentar: Eine problematische Entscheidung zu einem häufigen Streitpunkt. In den Formularmietverträgen wird regelmäßig darauf hingewiesen, dass die Wohnung in einem renovierten beziehungsweise nicht renovierungsbedürftigen Zustand vermietet wird. Die Vermieterseite beruft sich sodann bei Mietende auf den von ihr im Mietvertrag aufgenommenen Hinweis. Daher hätte die Beweislastverteilung auch zulasten der Vermieterseite erfolgen können. Der Mietpartei ist daher regelmäßig zu empfehlen, bereits bei Einzug den tatsächlichen Renovierungszustand durch geeignetes Bildmaterial sowie in Zeugengegenwart zu erfassen. So können bei Mietende unnötige Renovierungskosten vermieden werden.
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Mietertipp: Die wichtigsten Infos für Mieter:innen rund um die Fußball-EM
Sie wollen Ihre Wohnung oder ein Zimmer während der Fußball-Europameisterschaft untervermieten? Oder mit Freunden in der Mietwohnung Fußballgucken und nach dem Spiel die Tore feiern? Oder eine riesige Flagge am Balkon anbringen? Wir haben die wichtigsten Informationen für Mieter:innen rund um die EM für Sie zusammengestellt. -
Natürlich dürfen Mieter:innen die Fußball-Europameisterschaft vor dem heimischen Fernseher verfolgen und dabei auch lautstark mitfiebern.
- Um den Hausfrieden nicht zu gefährden, sollte man dabei aber Rücksicht auf die Nachbarn nehmen, besonders nach 22 Uhr, denn die Nachtruhe gilt auch während der Fußball-Europameiseterschaft 2024. Das Feiern hinterher sollten Sie deshalb in die Kneipe verlegen.
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Auch bei der Dekoration können sich Mieter:innen austoben – solange niemand gestört oder gefährdet wird. Mannschaftsposter oder Nationalfahnen dürfen immer an die Innenseite der Fenster in den Wohnungen gehängt werden. Auf dem Balkon dürfen auch Flaggen gezeigt werden. Sie müssen jedoch so gut gesichert sein, dass sie nicht herunterfallen können.
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Wenn allerdings eine Halterung montiert werden muss oder aus anderen Gründen in die Bausubstanz des Hauses eingegriffen werden soll, muss der Vermieter um Erlaubnis gefragt werden.
- Wer eine Nationalflagge aus dem Fenster hängen möchte, muss dafür Sorge tragen, dass diese ebenfalls sicher befestigt ist und außerdem nicht vor die Fenster von Nachbarn wehen kann.
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Verboten sind jedoch Plakate mit stark polarisierenden, beleidigenden oder gar hetzenden Meinungsäußerungen.
- Wer die eigene Wohnung oder einzelne Zimmer zur Europameisterschaft untervermieten möchte, braucht eine entsprechende Erlaubnis von seinem Vermieter oder seiner Vermieterin, da dies über den üblichen Mietgebrauch hinausgeht.
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Für die Untervermietung brauchen Mieter:innen in Hamburg zusätzlich eine Wohnraumschutznummer. Diese kann bei den Bezirksämtern online beantragt werden und wird meist sofort ausgestellt.
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Pressespiegel: Der Mieterverein in den Medien
Wohnraummangel, Mieterhöhungen und steigende Heizkosten – die Themen Wohnen und Mieten sind omnipräsent in den Medien. Als Interessenvertretung von Hamburgs Mieter:innen beteiligt sich der Mieterverein zu Hamburg an der öffentlichen Diskussion und wird von vielen regionalen und überregionalen Medien zitiert. An dieser Stelle finden Sie eine Auswahl der aktuellen Berichte und Beiträge. |
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Seit dem Winter funktioniert die Heizung nicht mehr, seit Wochen gibt es kein warmes Wasser. Die Mieter:innen eines Mehrfamilienhauses in Jenfeld sind verzweifelt. Schokierende Zustände, urteilt Dr. Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg und fordert in der Hamburger Morgenpost eine unverzügliche Instandsetzung: „Wir erwarten, dass die Vermieter jetzt tätig werden.“
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Wichtiges Urteil zum vorgetäuschten Eigenbedarf. Amtsgericht Hamburg-Bergedorf verhängt eine sehr hohe Geldstrafe, die eine Vermieterin nun zahlen muss. Dr. Bosse kommentiert auf t-online.de: „Das Urteil ist ein klares Signal an alle, die meinen, mit einer vermieteten Immobilie machen zu können, was sie wollen.“
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Gegenüber der Tageszeitung nd äußerte Dr. Bosse seine Bedenken in Bezug auf die Aktienrente. Klar sei, dass mit ihr in den Wohnmarkt investiert würde, so Dr. Bosse. Welche Folgen das haben würde, sehe man bereits bei den Investitionen schwedischer und dänischer Rentenfonds: steigende Mieten und fehlende Renovierungen.
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In Hamburg fehlt bezahlbarer Wohnraum und es wird viel zu wenig gebaut. Der SoVD, der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen und der Mieterverein zu Hamburg fordern gemeinsam, die Vorgaben im Wohnungsbau zu lockern, und das Bauen einfacher und günstiger zu machen. Hamburg 1 hat darüber berichtet.
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2023 wurden in Hamburg nur 5.999 Wohnungen fertiggestellt – das sind 35 Prozent weniger als im Vorjahr. Angesichts des Bedarfs auf dem Wohnungsmarkt ist das nicht akzeptabel, kritisiert Marielle Eifler, stellvertretende Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg in der Hamburger Morgenpost.
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Dr. Rolf Bosse c/o Mieterverein zu Hamburg von 1890 r. V.
Beim Strohhause 20, 20097 Hamburg
Tel: (0 40) 8 79 79-0 mieterverein-hamburg.de info@mieterverein-hamburg.de
Impressum | Datenschutz
Vorstand: Dr. Rolf Bosse (Vors.), Marielle Eifler (Stellv. Vors.), Siegmund Chychla (1. Schriftführer). Registriert bei: Freie und Hansestadt Hamburg, Justizbehörde, Justizamt, Aktenzeichen: 900.50-8. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer DE118719118
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